Liebes Archiv ... Einträge vom Januar 2006

Prosit Neujahr!

Heimlich, still und leise hat sich wieder ein altes Jahr verabschiedet, es war das Jahr 1426 nach der Hedschra. Was ham wir gefeiert! Ich erspare dem mit mir etwas erwachsener gewordenen Leser, das Datum jedem Eintrag anzufügen - oder soll ich???
Heute wäre jedenfalls der 01. Muharram 1427. Tataaa!

[] Manama / Dienstach, 31. Januar 2006

Der alte Mann und das Mehr.

Schon sein Vater hatte hier gesessen, jeden Freitag. In den Bergen Pakistans, dem Hort seiner Kindheit, hatten sie wenig und er träumte vom Mehr. So ging er fort. Es verschlug ihn nach Manama, hier lebten alle für das Mehr, doch auch hier mußte man oft mit wenig zufrieden sein. Er gründete eine Familie und blieb. Jeden Freitag kam er zu dieser Stelle, hier war er dem Mehr zum Greifen nah. Er starrte hinaus und grübelte. Warum will der Mensch immer Mehr? War es diese Entbehrungen wert? Er kam und kam zu keinem Ergebnis. Irgendwann, als sein Sohn alt genug war, durfte er den Vater begleiten. Und so saßen sie zusammen hier, grübelnd, jeden Freitag, jahrelang, jahrzehntelang. Dann kam der Tag, als der Sohn allein hier saß. Er starrte hinaus bis es dunkel wurde. Eine einsame Träne rollte seine Wange herunter. Was war das Mehr wert?

[] Manama / Montach, 30. Januar 2006

Sachen mit Rum drin.

Rumsitzen. Rumsaufen. Rumblödeln. Rumgucken. Rumquatschen. Rumknutschen. Rumlallen. Rummachen. Rumeiern. Rumkriegen. Rumkugeln. Rumschnarchen. Rumdrehen. Rumstöhnen. Rumkotzen. Rumliegen. Rum hassen.
Rumschleichen. Rumerzählen. Rumlachen. Rumsaufen. ...

Achtung! Langsam lesen und mitdenken! Da steckt 'ne Geschichte drin.

[] Manama / Sonntach, 29. Januar 2006

Wo wir sind ist oben.

Is ja wohl niemandem entgangen, daß er sich hier einnistet, nun wird auch noch sie hier niedergestreckt. Ich fühle mich - noch mit den eineinhalb Eimern Wodka-RedBull im Blut - wie im Men in Black-Universum. Wer treibt sich denn noch unerkannt hier rum, versteckt unter schwarzer oder weißer Robe? Nach dem Motto "Der ist garnicht tot". Ist das kleine Eiland der neue Alien-Treffpunkt?

[] Manama / Freitach, 27. Januar 2006

Dhau auf dem Trockenen.

Bei angenehmen Temperaturen machen wir einen kleinen Ausflug dorthin, wo die Dhaus neben den Hummerfallen am Ufer liegen. Hier, neben ein paar verunfallten Autos, stehen ein paar angefangene Dhaus, doch in den zwei Jahren seit meinem letzten Besuch hat sich an diesem Ort nichts bewegt, die großen Schiffe stehen wohl nicht mehr so hoch im Kurs, die Fischer haben jetzt wendigere Motorboote und der Handel wird sicher nur noch zu einem sehr geringen Teil mit den nautischen Klassikern abgewickelt.

[] Manama / Freitach, 27. Januar 2006

Der Wind trägt die Wärme heran.

Es wird wärmer hier, genau wie zuhause. Scheinbar sind die beiden Wetter so gekoppelt wie der Bahreinische Dinar (BD) an den Dollar...

[] Manama / Mittwoch, 25. Januar 2006

Kältewelle?

Mental hatte ich mich darauf vorbereitet, beim Verlassen des Flughafengebäudes gegen eine schwüle Wand zu rennen, doch ich mußte die verwegen hochgekrempelten Ärmel wieder runterlassen und meine Strickjacke wieder anziehen. Greift die Kältewelle bis hierher? Es ist um die 20 Grad und windig, kurzärmelig ist nicht angenehm, abends sind's 15 Grad und darunter, kein Schnee, der die Kälte erträglicher macht. Die Sicht ist kurz. Die Sonne kommt nicht durch den wüsten Sandstaub, der über der Insel klebt. Böiger Wind. Türen öffnen ist wie Windsurfen, festhalten! Ich muß vielleicht einen Pullover kaufen gehen.

[] Manama / Montach, 23. Januar 2006

Dicke Luft.

Diffuses Licht, der Sonnenball zeichnet sich deutlich über der Sandglocke ab, in der wir gefangen sind. Seine Wärme scheint so wirkungvoll wie das Licht des Mondes. Früh geht sie unter, nun ist es das Laternenlicht, das den steinernen Nebel zu durchdringen sucht, tapfer fressen sich die Lichtwellen durch die zähe Luft, die den Himmel verklebt.

Noch ne halbe Stunde Wortklauberei und die ganze Seite ist voll mit dem Geschwurbel!

[] Manama / Montach, 23. Januar 2006

Fakten Fakten Fakten.

  - Wollmäuse wachsen besser in bewohnter Umgebung. Fakt.
  - Abwasch macht sich nicht von allein. Bei einem Single dauert es bis zu drei Wochen,
    um genug Geschirr für eine Spülmaschinenfüllung dreckig zu machen. Fakt.
  - Klamotten werden zwar allein dreckig, aber weder sauber noch gebügelt. Scheiße. Fakt.
  - Papier ist geduldig, Postberge lassen sich unendlich lange hin und her schieben. Fakt.
  - Keine Putze macht meine Bartstoppeln weg. Fakt.
  - Portioniert einkaufen und rechtzeitig aufessen muß man lernen. Fakt.
  - Urlaub ist kein Urlaub, wenn man ständig mit der Arbeit belästigt wird. Fakt.

[] Manama, für Berlin / Sonntach, 22. Januar 2006

Die Große Moschee.

Leider verpaßt! Die Einladung in die Große Moschee für Nichtmuslime galt an zwei islamischen Feiertagen der letzten Woche, also kann ich sie weiterhin nur von draußen besehen. Gleich daneben, zur Seeseite hin entsteht gerade die Scheich Isa-National-Bibliothek.

[] Manama / Freitach, 20. Januar 2006

Brot und Schinken.

Es war schon ziemlich spät nach dem ersten Besuch meines einstigen Lieblings-Shisha-Cafés, das ich ohne Probleme wiedergefunden hatte. Ich öffnete den Koffer, der mit einem Tag Verspätung nun in meinem neuen Wohnzimmer stand, und ein intensiver Duft von frischem Brot kam mir entgegen. Obenauf ein Durchsuchungsprotokoll des Tegeler Flughafens, nach Paragraf 5 Absatz 3 des Luftsicherheitsgesetzes bestand Anlaß zur Nachkontrolle, entnommen wurde aber nichts. Danke. Auch ein Samsonite läßt sich also zerstörungsfrei prüfen. Auf Schwarzwälder Schinken, den ich auf Bitten eines Kollegen besorgt hatte, scheinen die bahreinischen Drogenhunde jedenfalls nicht anzuspringen.

[] Manama / Freitach, 20. Januar 2006

Schlafzimmerblick.

Das erste Foto, Anblick des wachsenden Bahrein unter meinem Schlafzimmerfenster, darüber der oben abgeflachte Mond.
Irgendwo hier bin ich vor knapp zwei Jahren über den Bauschutt gestolpert, jetzt sind darüber Häuser gewachsen, kein Gras... Und die Insel wächst weiter und weiter, Landaufschüttungen überall. Ungefährlich, solange das Staatgebiet nicht unmittelbar an Saudi-Arabien anschließt...

[] Manama / Mittwoch, 18. Januar 2006

Wieder einmal angekommen.

Nach zwei kurzen Nächten, einem verschneiten Berliner Morgen, einem verspäteten Flug, einem hektischen Umsteigen in Frankfurt sitze ich ohne Koffer in meinem Apartment im kühlen Manama und meine Augen sind schwer, so schwer.

[] Manama / Mittwoch, 18. Januar 2006

Schloßpark Babelsberg. Glienecker Brücke.

[] Potsdam / Sonntach, 15. Januar 2006

Skandal von globaler Tragweite? Zufall?

Wir alle trauten unseren Ohren kaum, aber diese neuen Arbeitsspeicher sollten wirklich DDR-RAM heißen! Das muß man erstmal sacken lassen. Nun, wir sind ja keine Technikmuffel, also haben wir uns schulterzuckend damit abgefunden. Doch jetzt kommt - festhalten - der SED-Flachbildschirm! Wird hier unsere voreinheitliche deutsche Geschichte verspottet?
Nehmen diese hoch-innovativen Herrschaften der Informationstechnologie-Branche das Wörterbuch der DDR-Sprache zur Hand, lassen den Finger kreisen, tippen auf irgendeine Abkürzung und denken sich dann eine neue Bedeutung dafür aus? Ist das eine letzte, großangelegte Erniedrigung der Ossis? Eine globale Verschwörung des kranken, verwesenden Kapitalismus? Oder nur Zufall?
Was kommt als Nächstes? LPG-Kamera mit VEB-Chip? FDJ-Fernseher mit GST-Modul? TGL-Player? SERO-Drucker? EVP-Rekorder? FDGB-Handy?
Zu allen Zeiten haben sich, von der Weltöffentlichkeit unbemerkt, einige Rüpel schamlos am deutschen demokratischen Abkürzungsvokabular bedient und es nach ihrem Willen umgedeutet. Oder ist das hier auch nur Zufall? ...

      -    (AstA): eigentlich Antragsteller auf ständige Ausreise aus der DDR,
      -    (EKG): eigentlich Energiekombinat Gera,
      -    (GfK): eigentlich Gewerkschaftsgruppe für Kleinbetriebe,
      -    (KGB): eigentlich Kampfgruppenbataillion,
      -    (LBB): eigentlich Leuchtenbau Berlin,
      -    (MEGA): eigentlich Medizinischer Dienst des Verkehrswesens der DDR,
      -    (MfG): eigentlich Museum für Deutsche Geschichte,
      -    (NASI): eigentlich Amt für Nationale Sicherheit,
      -    (PKK): eigentlich Parteikontrollkommission,
      -    (RAP): eigentlich Reine Arbeiterpartei,
      -    (SSV): eigentlich Seesportverband der DDR,
      -    (THW): eigentlich Technische Hochschule Wismar,
      -    (USB): eigentlich Unabhängiger Schülerbund (Rostock).

Und das ist nur eine Auswahl! Seien wir wachsam! Augen auf und niemand sage, er habe von nichts gewußt!

[] Berlin / Samstach, 14. Januar 2006

Vorbei. (editiert)

Is das Jahr echt zuende?! Ein paar Verstrahlten isses entgangen, die verböllern da unten vor der Tür weiter ihr Geld. Es ging vorbei wie eine Dienstreise, unverhofft und plötzlich, schonwieder 'ne andere Zahl! Aber zurück geht nich! Was nehmen wir mit aus dem alten Jahr?? Wer erinnert sich noch, was war?
Für uns alle wichtig: wir sind Papst und ham die erste Kanzlerin, sie versteht sich prächtig mit Georg W. - klasse. Auf kleinerem Parkett: Ich hab' seit März 'ne eigene
Heimatseite, die sogar jemand liest. Ich war beruflich in eins/zwei/drei verschiedenen (Aus)Ländern und rund 52 Tage in der Heimat (Minusrekord!), hatte sieben Tage echten, warmen, netten Urlaub, der klägliche Rest ist mir zwischen den Fingern zerronnen. Es zerbrach wieder die mühsam aufgebaute Illusion eines intakten Beißapparates. Ich habe gefroren und geschwitzt, gelacht und geweint, gefeiert und gelitten. Und wäre nicht dieses Tagebuch, könnte ich mich wirklich an nichts erinnern. Das Alter.

[] Berlin / Donnastach, 12. Januar 2006

Beim Auftritt des Ensembles der Russischen Ostseeflotte.

Nach dem zweiten desaströsen Zahnarztbesuch innerhalb von 7 Tagen (drei von vier Weisheitszähnen sind nun mit künstlicher Weisheit verfüllt) hatte ich den Auftritt des Ensembles der Russischen Ostseeflotte schon gut verdrängt, das auf seiner Tournee in Potsdam hofhielt. Doch D., Mitglied der Truppe und mein guter Dolmetscher aus Kaliningrader Tagen (lang ist's her) erinnerte mich drängend. Die Tanzbeine wurden schon kräftig geschwungen, als ich hinter der Bühne auftauchte. D. war etwas geknickt, weil er nach fünf Jahren Germanistikstudium zum Ansager und Mikrofonträger der Solisten degradiert worden war. Die Tour war so clever organisiert, daß die Truppe praktisch nur im Bus saß, während ihre Reisen kreuz und quer durch Deutschland auf der Karte wie ein Spinnennetz wirken würden. Das Ensemble zählte etwa 48 Leute, Tänzer(innen), Chor und Orchester, die Lieder aus dem ganzen Reich in bunten Kostümen präsentierten.
Nach der Pause wurde ich in den Saal geschmuggelt und konnte das bunte Treiben aus der ersten Reihe bewundern. Die zahlenmäßig überlegenen reiferen Herrschaften im Publikum klatschten brav mit, wenn die Beine flogen und die Röcke sich drehten, besonders Kalinka zwang sie quasi dazu, ich hielt mich vornehm zurück, auch wenn der Orchesterleiter mich von der Bühne herunter mit seinen dunklen Augen streng ansah. Besonders bei der letzten Zugabe, Hey Jude, dem einzigen nichtfolkloristischen Lied, mußte ich mich seines hypnotischen Blicks erwehren, ließ mich dann aber durch die in Uniform strammstehende Maria (eben noch die rotbäckige Braut) zum einmaligen Mitmurmeln der Titelphrase hinreißen (schmacht).
Dann wurde es richtig aufregend! Ich durfte im Tourbus mitfahren - D. hatte mich etwas zu sehr als Einheimischen angepriesen. Das ließ mir den Schweiß ausbrechen, schließlich komme ich immernoch am sichersten mit den Öffentlichen an, wasweißich wo das Hotel Humboldtmühle is!? Das war aber dann doch so einfach zu finden, daß ich der Rache eines aufgebrachten russischen Mobs entging. Später wurde ich von der Hauptstadt schwer enttäuscht, da schon um 0:24 die letzte U-Bahn fuhr und ich den Nachtbus nehmen mußte.
Wo simmer denn hier? Aufm Land oder wer???

[] Berlin / Mittwoch, 11. Januar 2006

Berlin am Abend. Am Berliner Dom.

[] Berlin / Dienstach, 10. Januar 2006

Am Kudamm brennt noch Licht.

Tapfer steht noch der Weihnachtsbaum im zugigen Durchgang zwischen Gedächtniskirche und Glockenturm. Er gießt sein heimeliges Licht über die rotnasigen Einkaufsbummelanten aus aller Welt. Der Schnee ist nur noch Packeis, das sich dick auf ungeräumte Gehwege gelegt hat und wohl nur durch Sprengungen zu entfernen ist. Alte Fußspuren in der grauen Kruste sehen aus wie vergletscherter Ötzi-Nachlaß. Unkaputtbare Hügel fest verbackenen Eises säumen die Straßenränder. Die Sonne ist schlapp und verläßt uns früh.

[] Berlin / Samstach, 07. Januar 2006

GaGaGa. Sabber. Hirnamputation, mit drei Stichen genäht.

Wer hätte vermutet, daß es so groß sei? Immerhin maß das blutige Klümpchen in seiner längsten Ausdehnung fast einen Zentimeter, es hatte seit ein paar Tagen schmerzhaft gedrückt, als wollte es raus. Den Gefallen hat man ihm nun getan. Normalerweise eine kosmetische OP und selbst zu zahlen, trägt nun doch die Kasse die Kosten, denn das Teil war etwas vereitert. Unmäßigen oder gar unsachgemäßen Gebrauch schloß der Chirurg als Ursache allerdings aus.
Ganz stolz kann der sabbernde Zombie mit dem leeren Blick, der ich geworden bin, eine blutige Narbe herzeigen, die sich schamlos auf einer rasierten Lichtung räkelt. Taffon abbegegesehen wirt nimant aine Ferenderung bemerkken, das Niveau zukünftiger Artikel ist nicht in Gefahr... GaGaGaGaGaGa. Würde sowieso niemand merken, oder?

[] Berlin / Donnerstach, 05. Januar 2006

Schnell wird's dunkel.

[] Berlin / Mittwoch, 04. Januar 2006

Nachmittag im Büchertempel.

Überfordert und gestreßt setzt sich der Sklave der Informationsgesellschaft ins Cafè auf einen mittleren Latte Macchiato und einen Imbiß. Soviele Bücher! Zuviele Bücher! Im Zeitlupentempo kämpfe ich mich durch die Abteilungen der Buchhandlung, wissend, daß meine Leselust nie der Faulheit Herr wird, daß der Fernseher viel zu oft gewinnt. Lese in dutzenden Büchern und stelle sie wieder zurück. Wer hülfe mir beim nächsten Umzug, kaufte ich all dies lustig bedruckte Papier??? Und trotzdem kann ich nicht ganz ohne gehen, zwei handliche Papierrücken wandern in die Tüte, bezeichnenderweise keins von den vieren auf meinem Spickzettel. Ist das Konsumzwang? Wie erkläre ich das den anderen tausend geschenkten und bei früheren Exzessen gekauften Büchern, die ungelesen im Regal stehen?
Heute bleibt die Röhre aber kalt!

[] Berlin / Dienstach, 03. Januar 2006

Huch!

3-2-1-vorbei! Keine Vorsätze! Kein Kater! Nur Trägheit, Überausschlafen, ein paar Tage Urlaub, Normalität naschen, vergammelte Zeit, jetzt aber mit offenem Ende, vorbei diese eingequetschten Tage zwischen den Jahren. Zeit, zu lernen, 2006 zu schreiben! Tour durch die tauende Stadt. Reste von Böllern statt Brot überall. Dreckschweine, alle haben vor Aufregung nach der Schlacht vergessen, ihre ausgebrannten Waffen an die orangenen Engel zu übergeben. Den Fahrradschlauch flicken danach! Scheiße!

[] Berlin / Montach, 02. Januar 2006

...und hier geht's weiter in die Vergangenheit.